4.6 Glück - was ist das und wie können wir es erreichen?

Was ist Glück? - Wir nutzen dieses Wort im mehrfachen Sinne. Einmal ist Glück etwas, das uns ohne eigenes Zutun unerwartet und zu unserem Vorteil trifft, wie zum Beispiel Kartenglück im Spiel. Daneben ist Glück auch etwas, das dem unerwarteten Entgehen eines anfangs als unabwendbar eingeschätzten Unglücks entspricht. Die Gefühle, die wir in solchen Fällen verspüren, unterscheiden sich deutlich von der dritten, weit häufiger benutzten Bedeutung, die nun näher untersucht werden soll: Hier ist mit Glück ein Zustand, genauer gesagt ein Empfinden gemeint, wie wir es beispielsweise nach einem lang gehegten und nun endlich erfüllten Wunsch erleben. Es gäbe unendlich viele Beispiele, durch die das von Dichtern und Philosophen verherrlichte Glücksempfinden zu beschreiben wäre. Wir wollen es hier zuerst einmal durch eine Analyse entzaubern, damit wir es im vollen Umfang verstehen lernen - und um danach seinen Zauber neu und intensiver geniessen zu können:

Glücksempfinden ist ein Gefühl. Nach neurosophischer Einsicht sind Gefühle die Sprache des Unterbewußtseins an das Bewußtsein, wie das momentan Erlebte die Lebenserhaltung und Lebensentfaltung (normalerweise im Vergleich mit bereits Erlebtem) beeinflußt oder wohl beeinflussen wird. Demnach kann es im Prinzip nur 2 Gefühle geben, ein positives und ein negatives. In der Neurosophie werden diese beiden Pole mit Freude und Angst definiert, welche sich situationsbedingt in den unendlichen Nuancen ihrer Intensitäten zwischen den kurzzeitigen Ausnahmesituationen der nackten Panik und dem überschäumenden Glück bewegen.

Glücksempfinden ist ein sich selbst verbrauchendes Gut, das wir nur über einen begrenzten Zeitraum geniessen können. Denn das Glücksempfinden ist abhängig von unserer Aufmerksamkeit, aber auch von unserer Einstellung zu einer gegebenen Situation sowie ihrer persönlichen Wertung durch uns selber. Daraus ist erklärbar, weshalb wir nicht auf  Dauer und weshalb Menschen in einer vergleichbaren Situation nicht gleichartig glücklich sein können: Solange wir unsere Aufmerksamkeit auf das uns beglückende Ereignis richten und es genießen, so lange - und nur so lange - fühlen wir uns glücklich. Lenken wir unsere Aufmerksamkeit danach auch auf andere - meist gewöhnlichere - Ereignisse in unserem Leben, signalisiert uns das Unterwußtsein die Gefühle für diese Wahrnehmungen, wir fühlen entsprechend und schon ist das Glücksgefühl logisch begreifbar verschwunden. -

Dass gleiche Situationen nicht alle Menschen gleich glücklich machen, ist ein Teil banaler Lebenserfahrung: Der junge Schüler, der zum ersten Male die Vier-Meter-Marke im Weitsprung schafft, ist eventuell einen Moment lang glücklich; die gleiche Weite wertet der Weltrekordler für sich aber ganz anders.

Wir sprechen davon, dass wir unser "Glück machen" wollen, also unser Leben aktiv selber zu gestalten (hier wird das krönende Grundbedürfnis nach Lebensentfaltung per Selbstbestimmung deutlich, nicht einbezogen wird die Ebenbürtigkeit!) trachten und erwarten, dass wir uns daraufhin glücklich fühlen. Das heisst doch nichts anderes, als dass wir uns nach intensiven Glücksgefühlen sehnen, die wir selber verursachen wollen. Diese Sehnsucht ist naturgegeben, denn jedes Leben in der Natur strebt nach seiner bestmöglichen Entfaltung in seiner Umwelt. Dieses Optimum aber wird uns in der Sprache des Unterbewußtseins als Glücksgefühl an das Bewußtsein gemeldet. Glücksempfinden kann man demnach als ein Zeichen momentan optimaler Lebensentfaltung verstehen. Wichtig ist auch, dass wir das Glücksempfinden gern selber verursachen wollen. Die Lebenserfahrung zeigt jedoch, dass gerade dieses uns selber und anderen Menschen nur selten gelingt. Ich meine aufgrund vielfältiger Erfahrungen, dass dieses Misslingen zu einem erheblichen Teil daran liegt, dass der Einzelne meistens gar nicht recht weiss, wie er sein Leben bewusst und vorsätzlich Glück verursachend gestalten könnte. - - -

Die Gestaltung von Glück ist Teil der Lebenskunst: Sofort damit beginnend, können wir Glücksmomente länger festhalten, indem wir sie ganz bewusst genießen. Dieses gelingt uns - und das sei gerade in der immer schnellebiger werdenden Zeit besonders herausgehoben - wenn wir unsere ungeteilte Aufmerksamkeit möglichst lange bei der Glück spendenden Situation belassen. Als fortgeschrittenen Lebenskünstler sehe ich den Menschen an, dem es gelingt, sein ganzes Handeln auf die Hauptaufgabe seines Lebens unter gleichzeitiger Beachtung der Bestimmung jeden Lebens auszurichten. Automatisch erlebt er in diesem Fall immer wieder neu Momente des Glücklichseins.

Je häufiger es uns gelingt, unser Leben bestimmungsgemäss zu leben, desto häufiger ist die Wahrscheinlichkeit intensiven Glücksgefühls. Dieses ist jedoch entsprechend den Einsichten der Neurosophie nur möglich, wenn wir die uns treibenden Bedürfnisse, aber auch die uns hemmenden Widerstände exakt kennen. Wenn es uns gelingt, letztgenannte in uns unterstützende, deshalb uns zusätzlich treibende Kräfte zu verwandeln, bekommen wir aufgrund dessen die Chance, unser Leben optimal gestalten.

Zusammengefasst kann man also sagen, dass Glück die Steigerung der Freude ist; aber beide sind nur zeitlich begrenzt zu genießen, weil ihre Energie mit der Zeit abnimmt. Was bleibt uns aber danach? - Zufriedenheit. - Sie könnte man analog der Definition von Gesundheit als Abwesenheit von Krankheit definieren: Es ist jener Zustand, in dem uns weder Angst noch Freude vom Unterbewusstsein gemeldet werden. Es droht demnach aktuell keine Gefahr. Aber wir befinden uns auch nicht in einer Situation, in der wir uns so ausreichend entfalten, dass wir uns darüber auch nur im Mindesten freuen könnten. Sollten wir uns nun also gegenseitig Glück, Freude oder Zufriedenheit wünschen? Letztgenannte ist der Minimalwunsch, aber im Hinblick auf die Abwesenheit von Angst schon ein echter Gewinn. - Deshalb wünsche ich pragmatisch Glück, Freude UND Zufriedenheit. Für Menschen, die gerade in unsicheren Zeiten häufig oder gar konstant von Ängsten geplagt werden, wäre die Zufriedenheit das erste anzustrebende Teilziel. Es sollte in der Folge häufiger in Freude münden und später gar immer häufiger einmal in Glück.

Eine ideale Vorstellung  und Leitschnur in der Neurosophie lautet, dass wir sofort beginnend versuchen sollten, unser tägliches Leben aktiv verursachend so zu gestalten und zu nutzen, daß wir uns während des Tages quasi von Freude zu Freude hangeln können. Versuchen Sie einmal, einen Tagesablauf so zu planen, dass Sie - auch in den unabwendbaren Pflichten! - immer wieder einen Punkt finden, an dem Sie innehalten und sich zumindest ein wenig freuen können und genießen Sie diese Freude dann auch ganz bewusst! - Das Ergebnis wird Sie überraschen! Wenn daraus zeitweilig auch Glücksgefühle entstehen können, ist es um so besser. Mit diesem übergeordnet allgemein formulierten Ziel wird unsere Aufmerksamkeit auf das uns meistens unbewusst Wesentliche gelenkt, nämlich auf die Selbstentfaltung innerhalb der uns treibenden persönlichen Bedürfnisse. So beginnen wir plötzlich, auch das kleine Glück überhaupt wahrzunehmen und zu genießen. Ausgeschlossen ist damit eine rein persönliche Lustbefriedigung als Selbstzweck und - ausdrücklich damit verbunden! - zum Schaden anderer Menschen. Sie würde irgendwann - also nicht immer in direkt anschließend wahrnehmbarer Folge - uns letztlich selber schaden.

Eine wichtige Möglichkeit, das eigene Leben glücklicher zu gestalten, ist die Partnerschaft. In sie legen wir zumindest anfangs aus gewichtigen, aber häufig - oder in der Regel? - uns unbewussten Gründen sehr große Hoffnungen auf die gegenseitige Erfüllung vielfältiger Bedürfnisse. Diese Bedürfnisse überhaupt zu erkennen und unsere derzeitige Einstellung zum Partner im Vergleich zum Zeitpunkt des Kennenlernens zu überprüfen, neu einzurichten und eventuell die Liebe neu zu wecken, bietet riesige erste Chancen zu selbst verursachtem Glücksempfinden. Aber zu dem für uns so wichtigen Stichwort Liebe ist ein eigenes Kapitel angebracht und geschrieben worden.


Autor: Klaus Michael

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