Die nachstehenden Kapitel zum Verhalten stammen aus dem in Arbeit befindlichen Arbeitsbuch Neurosophie. Sie sollen Ihnen auch auf diesem wichtigen Teilgebiet einen tiefen Einblick in die grundlegenden Denkweisen der Neurosophie geben.

Verhaltensphilosophie

Die „Einführung in die Neurosophie" beschäftigt sich vorrangig mit dem schematischen Verstehen der Arbeitsweise unseres Gehirns sowie der Begründung und Wirkung unserer naturgegebenen Bedürfnisse. Sie reduziert im Ergebnis deren chaotische Vielzahl auf einzelne systematisch gegliederte Grundbedürfnisse und auf die gleichzeitig zu beachtende Gefühlsstärke. Mit dieser Ordnung und Reduzierung ist es im täglichen Leben möglich, ohne Studium der Psychologie Schlüsse über die Ursachen und Wirkungen gezeigten Verhaltens zu ziehen und das für mich Wesentliche zu erkennen.

Das Gelingen einer jeden Partnerschaft, beruflich wie privat, ist entscheidend vom beiderseitigen Verhalten, von der beiderseitigen Handlungsweise abhängig. Diese unterliegt ebenfalls einer natürlichen Ordnung, welche nun ebenso auf das für den täglichen Gebrauch Wesentliche geordnet und reduziert werden soll. Auch hier gilt es, in dem unüberschaubaren Chaos der unendlich vielen Möglichkeiten menschlicher Handlungsmöglichkeiten die alles verbindende grundlegende Struktur zu finden, welche nur noch durch einzelne Begriffe gekennzeichnet wird. Denn nur diese wenigen kann ich für das tägliche Leben griffbereit im Kopf behalten und deshalb auch nutzen. Alles andere bleibt für die eigene Lebenspraxis Stückwerk, weil mein Wissen niemals vollständig sein kann und mir so letztlich auch nicht ausreichend zuverlässig helfen wird.

Wer die Struktur von Verhalten verstehen will, muß unterscheiden zwischen dem Verhalten als Handlung zum Zwecke einer bewußt oder unbewußt beabsichtigten Wirkung und der grundsätzlichen Einstellung zu einer Person oder einem Sachverhalt. Eine heutige Einstellung ist das Ergebnis einer im Grundsatz meistens in bereits lange zurückliegender Vergangenheit getroffenen Bewertung einer Person oder eines Sachverhaltes. Wer ein Verhalten verstehen will, muß demnach zusätzlich auch die ihr grundlegend vorausgegangene Wertung einbeziehen. Verhalten besteht immer aus einer Kette von Ereignis, Einstellung, Wertung, Handlung und Wirkung.

Grundbetrachtungen zur Wertung fremden Verhaltens

Verhalten besteht zu 85 bis 90 % aus unbewußten Reaktionen oder gar Reflexen. Da es neben den angeborenen Reflexen auch eingeübte Reflexe gibt, ist eine klare Trennung zwischen Reflexen und Reaktionen häufig schwierig. Solch eine im wissenschaftlichen Sinne exakte Unterscheidung ist für meinen Selbsterkenntnisprozeß aber nicht besonders wichtig. Darum reicht es, hier nur über Reaktionen zu sprechen. Eine Reaktion ist ein vom Unterbewußtsein vorgegebenes Verhalten als Antwort auf ein Ereignis, eine aktuelle Lebenssituation. Dahinter steht die früher in einer ähnlichen Situation bereits erfolgte eigene Bewertung, ob die Lebenserhaltung oder Lebensentfaltung und damit ein Grundbedürfnis erfüllt oder verletzt wurde oder werden könnte. Die Unterscheidung von Verletzung oder Erfüllung erfahre ich in der Sprache des Unterbewußtseins an das Bewußtsein über ein positives oder negatives Gefühl. Gleichzeitig wird mir vom Unterbewußtsein das reaktive Verhalten vorgegeben. Dieses zeigte ich bereits in einer früheren Situation, die vom Unterbewußtsein als ähnlich der aktuellen eingestuft wird. Ob dieses Verhalten als „richtig" im Sinne eines reifen und bedenkenden Erwachsenen zu werten ist, oder ob es vielleicht eher dem eines unerfahrenen Kindes oder gar Kleinkindes entspricht, kann das Unterbewußtsein nicht werten. Werten kann nur das Bewußtsein, also mein Denken.

Wir alle werten nahezu ununterbrochen. Werten bedeutet aber, daß ich einer aktuellen Gegebenheit einen Wert zuspreche, was im Sinne der Natur auch sinnvoll, zum Überleben sogar unbedingt notwendig ist. Denn im Ursprung wertet jedes Lebewesen in jedem Augenblick, wie groß die Gefahr einer möglichen Schädigung der Lebenserhaltung oder Lebensentfaltung ist. Doch inzwischen werten wir auch nach anderen Regeln, zum Beispiel nach gesellschaftlichen Vorgaben. Beim Werten ist also die Meßlatte das Entscheidende. Jeder Mensch legt je nach seinem bisherigem Umfeld und Erleben seine eigene Maßeinheit an und hält diese ganz selbstverständlich für verbindlich und richtig; denn eine andere Orientierungsmöglichkeit steht ihm zunächst einmal gar nicht zur Verfügung. -

Mit dieser auf gar keinen Fall für alle Menschen gleich verbindlichen Maßeinheit bewerten wir auch unsere Mitmenschen, insbesondere deren Verhalten. Indem wir sie beurteilen und, hier besonders wichtig, oft genug sogar verurteilen, maßen wir uns ein Richteramt an, für das wir weder die Ausbildung noch das für eine Verurteilung erforderliche umfassende Wissen haben können! Auf wie tönernen Füßen solch eine Bewertung steht, kann ich beispielsweise schon daran erkennen, daß ich Menschen als sympathisch bewerte, die Andere gar nicht mögen und umgekehrt. Wer wertet denn hier tatsächlich „richtig"? Jeder behauptet es voller Überzeugung von sich selber, doch welches Urteil ist objektiv richtig? Welches ist der allgemein und für alle Zukunft gültige Maßstab?

Das Werten unterliegt einer ständig fortschreitenden Entwicklung im Leben. Was ein Kind oder Jugendlicher als richtig ansah, bewertet der reifere Mensch später zum Teil ganz anders. Mit der Zunahme an Lebenserfahrung und Wissen verändern sich unsere Einschätzungen und damit Wertungen. Auch innerhalb einer Gesellschaft unterliegen sie einem fortlaufenden Wandel: Es ist erst wenige Generationen her, daß der Sklavenhandel zumindest offiziell unterbunden wurde, doch gibt es noch immer Sklaven in Afrika und anderswo. Und die Rassendiskriminierung ist aus vielen Köpfen noch längst nicht verschwunden. Eine gewisse Zeit lang konnten Händler in neu entdeckten Teilen der Welt Glasperlen gegen Gold eintauschen. Es galt lange Zeit als „richtig", Menschen zu foltern und noch immer ist es für die meisten Menschen „richtig", Krieg zu führen, trotz der damit verbundenen tausendfachen Qualen von Mitmenschen und, durch die Geschichte bewiesen, seiner stetigen Sinnlosigkeit. Die abendländische Kultur hat die Sexualität verpönt, in anderen wurde sie zum Gottesdienst erhoben. Oder schauen wir auf die Mode: Was galt früher als besonders schön und wird heute belächelt - und was im nächsten Jahr? Mal wurden mollige Menschen als ideal geformt bewertet, heute sind es schlanke, zeitweise galten sogar krankhaft dünne als Ideal. Die Kindererziehung, die in vergangenen Jahrhunderten „richtig" war, löst heute vielfach ein Schaudern aus. Die Liste sich verändernder Bewertungsmöglichkeiten ließe sich persönlich und allgemein nahezu endlos fortsetzen. Alle waren sie einmal „richtig" und sind heute „falsch".

Zu den Wertungen zählen auch Motive, Rechtfertigungen oder Schuldzuweisungen für Verhalten. Begriffe wie Ehre, Prestige/Ansehen, Reichtum, Armut, Treue, Zuverlässigkeit, Hinterlist, Verschlagenheit, Ehrlichkeit, Gier und viele mehr beinhalten ebenfalls Wertungen. Jedermann hat stets „gute" Gründe für sein derzeitiges Verhalten und auch für die Bewertungen oder gar Verurteilungen seiner Mitmenschen. Doch nicht selten stellen wir schon innerhalb kürzester Zeit fest, daß wir uns irrten, uns falsch verhielten. Eine später einmal ausführlich zu behandelnde wesentliche Ursache ist zudem, daß die meisten uns vorgegebenen Wertungen seit eh und je machtpolitischen Zwecken dienten und dienen. Für eine Wertung beziehungsweise ein Urteil ist immer der eigene Stand des Wissens, meine Erfahrung und damit mein bisheriges Erleben von entscheidender Bedeutung. - Aber selbst das größte Genie kann gar nicht alles wissen. Folglich sollte zur Eigenkontrolle ein Urteil besser als Entscheidung betrachtet werden: Wir stehen in solch einer Situation vor einem Scheideweg. Wir wissen nicht exakt, wie die Wege beschaffen sind: Welcher ist der direkte? Ist der Umweg eventuell besser, weil er keine starken Steigungen und reißenden Flüsse aufweist? Deshalb wählen wir den aus, von dem wir die meisten, aber eben längst nicht alle unsere Absichten stützenden Informationen besitzen. Zusammenfassend kann ich bislang also sagen: „Meine Wertungen und Urteile zu fremdem Verhalten, die nicht direkt meine Lebenserhaltung oder Lebensentfaltung berühren, sind überwiegend unzureichend, häufig (irgendwann) falsch!"

Sollte ich nun also generell aufhören zu werten und zu urteilen? - Das würde der Natur widersprechen; denn ich bin sehr wohl angehalten und kann es real auch gar nicht verhindern, jede derzeitige Veränderung meiner Lebenssituation daraufhin zu bewerten, ob eine Förderung oder eine Schädigung meiner Lebenserhaltung und Lebensentfaltung, aber wirklich auf diese beiden Begriffe beschränkt, vorliegt oder droht, um danach meine Handlungen auszurichten. Aufzuhören ist jedoch unbedingt mit dem Verurteilen und Herabwerten des Verhaltens von Mitmenschen, welches mich persönlich gar nicht betrifft, meine Lebenserhaltung und Lebensentfaltung gar nicht direkt beeinträchtigt. Denn es ist erstens unmöglich, wirklich alle Ursachen zu kennen, die einen bestimmten Menschen zu einer bestimmten Handlung veranlassen! - Wenn ich mir selber ab und an nicht klar bin, warum ich eine bestimmte Handlung in einem bestimmten Augenblick vorgenommen oder unterlassen hatte, solch eine Erfahrung hat wohl jeder Mensch schon einmal gesammelt, wie will ich denn erst einen anderen Menschen vollständig verstehen und darauf hin bewerten, von dem ich nur Bruchstücke seines Erlebens kenne? - Zweitens bedeutet eine Herabsetzung eines Mitmenschen immer eine Selbsterhöhung: Urteile und Wertungen, welche nicht die eigene Lebenserhaltung oder Lebensentfaltung zum Inhalt haben, dienen in der Regel unbewußt dazu, eigene Überlegenheit darzustellen oder aufzubauen. Damit verstoße ich gegen die Ebenbürtigkeit! - Es bleibt zu fragen, wobei und warum ich mich so oft unebenbürtig fühle. Vor welchen Schäden fürchte ich mich laut meinen mir derzeit unbewußten Erfahrungen? Warum ist es für mich notwendig (welche innere Not unzureichender Bedürfnisbefriedigung wendend?), mich auf Kosten meiner Mitmenschen selber zu erhöhen? -

Es ist zu beachten, daß es hier um die abzulehnende Form der Wertung und des Urteils eines fremden Verhaltens oder Zustandes geht, von dem ich selber nicht direkt beeinträchtigt werde. Herabsetzende Werturteile zum Aussehen und Geschmack (Mode) sind hierzu geläufige Beispiele. Doch auch ein fehlendes Spezialwissen, wie z. B. über Literatur, Kunst oder schulisches beziehungsweise berufliches Fachwissen, gehören meistens in diese Betrachtung, um nur einige wenige Beispiele zum Verständnis anzuführen. Ebenso, und in unserer Gesellschaft ebenfalls unerträglich weit verbreitet, ist die Herabsetzung weniger begüterter Menschen und viele andere Herabsetzungen oder gar Demütigungen durch anmaßende Wertungen mehr. Diese wenigen Kostproben verdeutlichen bereits, daß ein bedeutender Teil unserer täglichen Anstrengungen, ein bestimmtes Prestige zu erreichen oder zu wahren, eigentlich nur herausstellen, daß wir alle nie ausreichend darüber nachgedacht haben, warum und zu wessen Nutzen wir in diesen Situationen gerade so und nicht naturgemäß zur ebenbürtigen Lebensentfaltung funktionieren. Denn es ist nicht mehr als nur ein gedankenloses und fremdbestimmtes Funktionieren in einer in wesentlichen Teilen lebensfeindlich auf Herabsetzungen und Ausgrenzungen basierenden Gesellschaftsform. Viele sind bei näherer Betrachtung geradezu lächerlich, wie am Beispiel der sich stetig wandelnden Mode besonders leicht zu erkennen ist. Schauen Sie sich doch nur einfach mal die Bilder aus der Familie an und achten Sie dabei auf die seinerzeitige Mode. -

Wer andere Menschen abwertet, zeigt ungewollt seine Angst: Das Verhalten „Abwertung" erfolgt schließlich aufgrund der unbewußten Selbsteinschätzung, daß die eigenen Stärken nicht ausreichen könnten, möglichen Schädigungen durch den Anderen zu begegnen. Ohne diese Angst würde sich diese Person mit der anderen gar nicht in dieser Weise beschäftigen, wäre sie ohne Interesse! Gleichzeitig beweist Herabwertung von Mitmenschen die Überbewertung der eigenen Urteilsfähigkeit trotz des erwiesenermaßen unzureichenden Wissens! Nur ein Narr preist lautstark seine eigene Weisheit! -

Andererseits ist das eigene Urteil bei mich persönlich schädigendem oder fördernden Verhalten von großer Bedeutung. Die Natur verlangt von mir die Abwehr von Beeinträchtigungen meiner persönlichen Lebenserhaltung und Lebensentfaltung und umgekehrt deren Förderung. Beide, Förderung und Beeinträchtigung, kann und soll ich meinen verursachenden Mitmenschen nennen, um ihnen klar und eindeutig entweder meine von ihnen verursachten Beeinträchtigungen zwecks augenblicklicher oder zukünftiger Vermeidung aufzuzeigen, oder aber ihnen Anerkennung zu zollen. Wenn ich mich aufgrund eines Verhaltens meines Partners freuen konnte, dann ist es doch nur recht und billig, ihm ebenfalls die Freude über mein Lob und / oder meine Dankbarkeit zu verschaffen. - Ein Teilziel dieses Arbeitsbuches ist, das hemmungslos häufige (berechtigte) Loben und Danken anzuregen; es fördert jede Partnerschaft ungemein!

Brauchen wir neue Werte?

Ab und an taucht in der Politik der Ruf nach dem Erhalt alter Werte oder dem Schaffen neuer Werte auf. - Gab es denn überhaupt schon einmal über die Jahrtausende der Menschheitsentwicklung erdumfassend in allen Kulturen anerkannte und beständig gleich gebliebene Werte, nach denen ich heute noch „richtig" werten kann? - Was also ist eine „richtige" Wertung? Was ist „richtiges" Denken? -

Wir sind hier an einer der Kernfragen der Philosophie, aber auch der Theologie, der Soziologie und anderen angelangt. Es gab dazu schon so viele Antworten wie Philosophen, Soziologen, Religionsstifter u. a. m.. So weit mir überhaupt bekannt, finde ich überall brauchbare bis sehr gute Ansätze. Aber stets fehlte es bislang an der letztlich umfassenden Ausführung. Es wurde also offensichtlich immer auch ein Widerstand in jenen Menschen geweckt, welche nach der entsprechenden Philosophie oder Religion leben wollten oder gar sollten. Dieser Widerstand kann nur mit unerfüllten oder gar verletzten Bedürfnissen zusammenhängen. Es muß somit unterschiedliche Maßstäbe zwischen der von Menschen anderen Menschen vorgegebenen Bewertung und der Bewertung durch die im Menschen wirkende Natur zu geben. Auf der Suche nach beständigen Werten wende ich mich deshalb von allen von Menschen geschaffenen Vorgaben ab und beschränke ich mich weiterhin auf die Frage, welche die Neurosophie grundlegend kennzeichnet: Was will die Natur?

Die Antwort ist im Urgesetz des Lebens gegeben, aus dem der Sinn und die Bestimmung jeden Lebens zwangsläufig folgen, in Kombination mit den uns Menschen mitgegebenen Fähigkeiten und Fertigkeiten: Wir verfügen über ein Gehirn mit in der Natur einzigartigen analytischen und planerischen Fähigkeiten. Wir besitzen eine im Umfang einzigartige Fähigkeit zu sprechen, sogar über abstrakte Sachverhalte wie hier. Wir können daneben Gedanken zum Beispiel als Schrift selbst über Generationen speichern und so Erfahrungen und geistiges Gut unbegrenzt weitergeben. Wir verfügen über eine erstaunliche Ausgestaltung unserer Hände, welche uns ermöglichen, alle unsere geistigen Fähigkeiten zur optimalen Anpassung an die Gefahren der Natur ein- und umzusetzen. Aus der individuell unterschiedlichen Verteilung unserer Stärken und der außerordentlich langen Reifezeit bis zum Erwachsensein, aus den teilweise gravierenden Unterschieden in der Verteilung unserer Stärken ist die Absicht der Natur abzulesen, daß wir Menschen für eine arbeitsteilige Gemeinschaft vorgesehen sind, um der Bestimmung jeden Lebens gerecht zu werden. Im Prinzip folgen wir diesen natürlichen Vorgaben. Doch haben es die großen und bestimmenden Kulturen in unserer Jahrtausende währenden Entwicklung noch immer nicht geschafft, das gegenüber Artgenossen aggressiv angreifende und auf Unterwerfung ausgerichtete Verhalten umherstreifender Horden der Frühzeit zugunsten eines naturgemäß gegenseitig fördernden Verhaltens abzulegen (es sind Ausnahmen bei einzelnen Naturvölkern bekannt, die lange Zeit als „Wilde" bezeichnet wurden). Damit beugen wir uns von Menschen vorgegebenen „Werten", die offenkundig Unwerte darstellen. Allerdings wird im Zusammenhang mit Naturkatastrophen deutlich, wie tief die naturgegebene Bestimmung in uns dennoch verankert ist. Erinnern wir uns beispielsweise an die große Flut an Mulde und Elbe im Jahre 2002. Tausende von Menschen wurden von einem Tag zum anderen durch das Hochwasser nicht nur an ihrer Lebensentfaltung gehindert, sondern mußten plötzlich um den Lebenserhalt an sich kämpfen. Doch gleichzeitig fühlte sich eine noch viel größere Anzahl Menschen angesprochen, das Leben der tatsächlichen und drohenden Opfer zu fördern. Nicht nur die Vielzahl und der Umfang von materiellen Einzelspenden ist hier zu beachten, sondern besonders die große Anzahl gerade auch junger Menschen, die sich spontan entschlossen, Schule und Arbeitsplatz zu verlassen, um vor Ort persönlich tätige Hilfe bei der Versorgung ihrer Mitmenschen, beim Schutz der Deiche, beim Aufräumen usw. zu leisten, ohne einer professionellen Hilfsorganisation anzugehören!

Doch im alltäglich „normalen" Umgang miteinander mißbrauchen wir unsere Denkfähigkeit immer stärker, um vom gegenseitig fördernden Füreinander zum letztlich selbstzerstörerischen Gegeneinander zu gelangen, angeleitet durch kritiklos übernommene angebliche Werte von den meisten wirtschaftlichen und politischen Führern, aber auch selber im engen Beziehungskreis verursachend. Dabei sollte beachtet sein, daß es sich um einen über lange Zeiträume verteilenden schleichenden Prozeß handelt. Deshalb bemerkt der einzelne Mensch häufig gar nicht seinen Beitrag zur Selbstzerstörung (auch seiner Gattung), sondern nur die zeitlich eng begrenzten und selbstsüchtigen (oft nur materiellen) Vorteile. - Doch die Natur hat unvorstellbar viel Zeit! -

Wer einmal darauf achtet, kann in den Medien von Menschen aus den Neuen Ländern immer wieder die Feststellung hören, daß mit der Änderung des politischen und wirtschaftlichen Systems der zumindest im Privatleben gegenseitig fördernde Umgang (Hilfsbereitschaft, Solidarität) der Menschen miteinander verloren gegangen und durch ein selbstsüchtiges und einander schädigendes Gegeneinander (Ellenbogengesellschaft, Börsenkapitalismus) ersetzt worden ist (es gab offensichtlich 2 Kulturen nebeneinander, nämlich die offizielle der unmenschlichen Unterdrückung durch den Staatsapparat und wie ein Gegengewicht einen mitmenschlichen Umgang im privaten Bereich). Diese zwischenmenschliche Fehlentwicklung wird als Verlust von Lebensqualität empfunden. Je weniger wir aufgrund unserer verstädterten Lebensweise im direkten Kontakt mit der Natur stehen, mit desto größerem Anteil wirkt das „Umweltproblem Partnerschaft" auf unser Leben ein, ist also das Gelingen guter Partnerschaft der Garant unserer Lebensqualität. Mit dieser wird uns über die Gefühle angezeigt, ob wir auf dem richtigen oder falschen Weg unseres Denkens und Handelns bezüglich Lebenserhaltung und Lebensentfaltung sind. Folglich ist richtiges Verhalten ganz einfach und leicht an der Erfüllung der Bestimmung jeden Lebens zu messen! Wer also genau hinschaut, was die Natur uns gegeben und vorgegeben hat, um bestmöglich in ihr und somit auch in Partnerschaften zu überleben, kann zu keinem anderen Ergebnis kommen: Es gibt keine Alternative zum gegenseitig ausgleichenden und fördernden Verhalten, um als „Herdentier Mensch" mein Leben optimal zu erhalten und zu entfalten! Damit steht der naturgegebene allgemeingültige Wertmaßstab für richtiges Denken und Verhalten fest: Richtig ist ein Denken, Werten und Verhalten nach dem Sinn und der Bestimmung jeden Lebens. Der Wert eines Menschen entspricht dem Wert der Förderung seiner Mitmenschen. Je besser sich Partner fördern können, desto wertvoller sind sie einander. Nur wenn ich ein - gegenseitig! - förderndes Füreinander zeige, erfülle ich das Urgesetz des Lebens, den Sinn und die Bestimmung jeden Lebens! Und bei einem Verstoß dagegen kann ich auch die Hauptaufgabe meines Lebens nicht erfüllen! - Wir benötigen also keine neuen Werte, wie immer wieder einmal gefordert, sondern brauchen uns lediglich nur auf die von der Natur vorgegebenen grundlegenden Werte zu besinnen und zu konzentrieren. Der verbindliche Maßstab der Natur lautet:

Wird die gegenseitige Lebenserhaltung und Lebensentfaltung gefördert oder geschädigt?

So einfach ist der Maßstab der Natur! Er umfaßt nicht mehr und nicht weniger! Alle anderen diesem Grundsatz nicht dienenden „Werte" sind somit höchst verdächtig, sollten wirklich gründlich hinterfragt werden. Wer daraufhin nun jedoch alle uns bislang vorgegebenen Werte prinzipiell erst einmal über Bord werfen will, wird recht bald feststellen, daß ein Teil mit denen der Natur übereinstimmt, also zu den beständigen gehört. - Unsere Vorfahren waren schließlich nicht dumm. - Aber ein anderer Teil wird den persönlichen Messungen anhand des naturgegebenen Maßstabs nicht genügen. Es wird erkannt werden, daß viele in Wirklichkeit nur dazu dienten und dienen, uns für fremde Interessen gefügig zu machen, über uns zu bestimmen. Solche gilt es herauszufinden, ihnen nach Möglichkeit zu begegnen und aus dem eigenen Denken und Handeln zu verbannen. Denn erst mit der Selbstbestimmung in Ebenbürtigkeit erreichen wir die Reife des Erwachsenseins. Bei der Suche nach falschen Werten hilft oft die Frage: Wem verschafft diese Wertung einen Vorteil? Diese Eigenarbeit ist erforderlich; denn das einfache Vorsagen wird nicht dazu führen, daß ich lebenslang eingefahrenes Verhalten und ebenso lange mitgeschleppten Tand in Form ungeprüft übernommener „Werte", entsprechend wertlosen Glasperlen, endlich ablege.

Grundlegende Verhaltensarten

Meine wie auch immer genannten negativen Gefühle sind laut neurosophischer Einsicht stets eine Form der Angst vor einer aktuellen oder drohenden Verletzung meiner Grundbedürfnisse. Anders gesagt: Ich erkenne oder vermute die Gefahr einer Beeinträchtigung meiner Lebensentfaltung oder gar Lebenserhaltung. Es gibt im Prinzip nur einzelne Möglichkeiten sich aufgrund einer Gefahr zu verhalten. Diese seien bildhaft an einem Beispiel erläutert:

Ich stelle mir einen Urlaub in Kanada vor, wo ich mitten in der Wildnis in einem Blockhaus lebe. Eines Tages kehre ich von einer Wanderung zurück, trete aus dem Wald und bemerke am Fluß eine Bärin mit ihren beiden Jungen. Sie könnte eine Gefahr für mein Leben darstellen. Eine Möglichkeit eigenen Verhaltens wäre, die Bärin sofort zu erschießen. Dieses wird jeder Tierfreund schon allein mit dem Blick auf die Jungen unterlassen. Um die bestehende Gefahr zu meiden, suche ich Deckung, verhalte mich ganz ruhig und warte, bis die Bärin am anderen Ufer weiterzieht.

Doch plötzlich schlägt der Wind um, die Bärin nimmt meine Witterung auf und richtet sich, die Jungen schützend, vor ihnen auf. Sie kann nun die Flucht ergreifen, weiterhin sichernd verteidigungsbereit verharren, mich als friedlich und somit nicht bedrohlich einstufen, oder angreifen.

Sollte sie sich zu einem Angriff entschließen, kann ich in den Wagen springen und meinerseits die Flucht ergreifen. Alternativ kann ich schnell ins Blockhaus laufen, Fenster und Türen verrammeln und anschließend vielleicht der Bärin den einen oder anderen Leckerbissen zuwerfen. Da ich mit einer Bärin nicht sprechen kann, wähle ich diese Art der Kommunikation, um ihr zu zeigen, daß ich nicht vorhabe, sie zu verletzen. Hier wird im Prinzip Ebenbürtigkeit, aber auch der Wille zum Ausgleich der Bedürfnisse gezeigt. (Daß erfahrene Waldläufer zurecht darauf hinweisen können, mit dieser Handlungsweise weitere „Besuche" der Bärin später zu provozieren, die dann nicht mehr glimpflich für mich verlaufen könnten, sei großzügig übersehen. Es kommt hier nur auf die Erklärung der möglichen Arten von Verhalten an.)

Statt der Kommunikation über die Fütterung könnte ich aber auch einen Warnschuß in die Luft abgeben. Dieser soll der Bärin zeigen, daß ich ihr eigentlich nichts antun will, aber daß sie selber und ihre Jungen in Gefahr sind, falls sie von ihrem Angriff nicht ablassen sollte. Ich zeige mich im Blockhaus geschützt (wie von einem Schild) und mit dem Warnschuß aber auch verteidigungsbereit, ohne einen zerstörerisch schädigenden Angriff zu starten; ich lasse der Bärin die Selbstbestimmung in Ebenbürtigkeit indem sie nun selber entscheiden kann, wie sie sich weiter verhalten will.

Steht mir aber keine wirksame Waffe, kein schützendes Blockhaus und auch keine andere rettende Fluchtmöglichkeit zur Verfügung, wird mich eine verfolgende Bärin recht schnell einholen. In solch einer Situation gibt es für mich nur noch eine Möglichkeit: Ich lasse mich flach auf den Boden fallen und stelle mich tot, erstarre in meiner begründeten Angst (falle eventuell sogar in eine echte Ohnmacht). Damit hoffe ich, von der Bärin verschont zu werden (was übrigens in vielen Fällen in der Realität auch mit Bären schon Erfolg hatte).

Für Mensch und Tier gleichermaßen gibt es als Reaktion auf eine aktuelle Gefahr nach diesem Beispiel 6 Möglichkeiten des Verhaltens, die wir alle auch in weniger dramatischen Situationen und bei jeder Art der drohenden oder eingetretenen Verletzung unserer Grundbedürfnisse stetig zeigen:

1. Vermeidung / aus dem Wege gehen
2. Flucht
3. Ausgleich
4. Verteidigung / Drohung zum Selbstschutz
5. Angriff / Schädigung
6. Sich totstellen / Erstarrung (Ohnmacht).

Wir alle nutzen jede dieser Möglichkeiten, aber individuell und situationsbezogen unterschiedlich. Manche Menschen neigen übermäßig dazu, jeder nur im entferntesten drohenden Auseinandersetzung oder Gefahr auszuweichen, sie zuerst einmal zu übersehen oder zu überhören (hier ist nicht das selbstsicher gelassene Übersehen oder Überhören, sondern das angstvolle gemeint), sie von vornherein möglichst zu meiden, ihr aus dem Wege zu gehen. Sie zeigen sich uns als übertrieben ängstlich.

Andere ziehen sich bei jeder kleinsten Bedrohung sofort zurück, fliehen aus der Situation, statt wenigstens Verteidigungsbereitschaft zu zeigen. Wir stufen sie als ängstlich oder ohne Rückrat ein.

Leider sind recht wenige Menschen in ihrem Grundverhalten vorrangig auf einen Ausgleich der gegenseitigen Bedürfnisse ausgerichtet. Sie empfinden wir als sehr angenehm, weil wir uns gegenseitig selbstbestimmt und ebenbürtig fühlen. Hier wird nicht miteinander gekämpft, keiner stellt sich unter oder über den Partner, sondern es wird konstruktiv ein beiden Seiten genügender Kompromiß gegenseitiger Bedürfniserfüllung gesucht. Was als „genügend" bezeichnet werden kann, wurde im Beispiel der Waage erklärt. Ein auf Ausgleich ausgerichtetes Verhalten zeigt sich in seiner sachlichen und auf gegenseitige Bedürfniserfüllung ausgerichteten Art. Dabei ist es normal, daß befürchtete Nachteile klar und deutlich (hoffentlich gegenseitig!) ausgesprochen werden. Kennzeichnend ist daneben, daß die Partner jeweils von ihren Problemen, ihren Befürchtungen usw. sprechen, in der Ichform bleiben und sich so jeglicher herabsetzenden (angreifenden) Kritik am Partner enthalten. Gerade dieses kaum anzutreffende Verhalten sich bewußt zu machen, fällt anfangs mangels Gewohnheit nicht selten schwer. Aber indem ich meine Aufmerksamkeit darauf lenke, übe ich bereits an meinem eigenen zukünftig besseren Verhalten!

Relativ oft treffen wir dagegen Formen der Verteidigung. Sie zeigt uns die von uns nicht zu überschreitenden Grenzen auf, droht vielleicht, verletzt aber noch nicht, zeigt Wehrbereitschaft, ohne den Kampf bereits aufzunehmen. Zwei Menschen, die beide ihre Fäuste sich selber schützend in Erwartung eines Angriffs des jeweils anderen erhoben haben, ohne sich zu schlagen, befinden sich in Wehrbereitschaft. Verteidigung ist an einer mehr oder minder leicht ausgedrückten Drohung zu erkennen ist, in Rede und Gegenrede gewissermaßen an einem verbalen Warnschuß. In einem verbalen Streit widerlege ich vielleicht die als verletzend gedachten Behauptungen des Partners, nehme ihnen die Wirkung mich verletzen zu können, aber verzichte darauf, in meiner Erwiderung nun meinerseits zu verletzen. Ich zeige mich wehrhaft, aber es fehlt an einer konkreten oder versuchten Verletzung des Partners. Andernfalls wäre diese Art der Abwehr unter (Gegen-) Angriff einzuordnen. Bildhaft dargestellt: Wehre ich Schläge mit einem Schild und ohne Gegenschläge ab, findet ein Angriff seitens des Partners statt, aber ich bin noch in der Verteidigung. Reagiere ich jedoch mit Gegenschlägen, bin auch ich im Angriff.

Wieder andere Menschen gehen schon aus geringem Anlaß, oft der Situation aus unserer Sicht nicht angemessen, sofort zu einem auf Schädigung/Verletzung/Zerstörung ausgerichteten Angriff über. Neben Gewalttätigkeit fallen darunter auch verbale Angriffe, wie Beleidigungen, Herabsetzungen, Demütigungen, Vorwürfe, Schuldzuweisungen und vergleichbare Möglichkeiten mehr. Auch ein böswilliges (vorsätzlich schädigendes) Unterlassen kann in diese Gruppe fallen. Leider greift diese Arten des Verhaltens immer weiter um sich.

Sehr selten treffen wir auf Menschen, die bei Bedrohungen oder Angriffen, welche die meisten anderen Menschen problemlos aushalten, sofort (vor Schreck) wie erstarrt sind, sich also innerlich totstellen, vielleicht sogar ab und an in Ohnmacht fallen, wie es auch ein Schock nach sich ziehen kann.

Jede der aufgeführten Möglichkeiten kann bei erwachsen reifer Abwägung der jeweiligen Situation angemessen und somit richtig sein, wie das Beispiel der Bärin zeigt. Doch gibt es bei den weitaus meisten Menschen Reaktionsmuster, die einer erwachsen reifen Bewertung nicht standhalten. Es ist für die Selbsterkenntnis richtig und wichtig, sich seiner Verhaltensart in möglichst jeder Situation bewußt zu sein, um gegebenenfalls ein dem Urgesetz des Lebens nicht entsprechendes Verhalten, zum Beispiel als unbewußte Reaktion, überhaupt korrigieren zu können. Im täglichen Leben brauche ich dazu die vorgenannten 6 Verhaltensmöglichkeiten normal gar nicht alle im Kopf zu behalten. Es reicht fast immer aus, lediglich darauf zu achten, ob angreifendes Verhalten bei mir vorliegt, um es in ein ausgleichendes zu wandeln.

Wirkungen des Verhaltens

Mit einer Verhaltensart will ich etwas bewirken, nämlich zuerst einmal vordergründig meine eigene Bedürfniserfüllung. Doch jedes eigene Verhalten wirkt auch als Bedürfniserfüllung oder Bedürfnisverletzung auf einen oder mehrere Partner oder andere Teile meiner Umwelt. Hier gilt es, den beiderseitigen Ausgleich zu suchen und zu finden, damit jede Schädigung möglichst vermieden werden kann. Weil auch Verhalten dem Urgesetz des Lebens folgt, ist die Wirkung jeden Verhaltens stets an der Förderung oder Schädigung der Lebenserhaltung und Lebensentfaltung zu messen.

Die Grundbedürfnisse dienen laut dem Urgesetz des Lebens der Lebenserhaltung und Lebensentfaltung in einer Natur voller Gefahren. Diesen Satz kann man meines Erachtens in unserer verstädterten Lebensweise gar nicht oft genug wiederholen! Wir sind Teil der Natur! Aber ein sehr großer Anteil unserer Lebensprobleme sind wirtschaftlicher, kultureller (ursprünglich überwiegend von den Institutionen der jeweiligen Staatsreligionen geprägt, trotz darin enthaltener positiver Ansätze) und - beziehungsweise immer - partnerschaftlicher Art. Sie sind also von uns selber durch unser Verhalten untereinander verursacht, welches die naturgegebene Bestimmung nicht beachtet! Bei näherer Betrachtung ist die Ursache unserer Probleme überwiegend ein Mißbrauch unserer naturgegebenen Fähigkeiten, vorrangig unseres Denkens und einer daraus folgenden Einstellung der Menschenverachtung, die den meisten Menschen überhaupt nicht bewußt ist. Statt uns gegenseitig (!) zu fördern, greifen wir uns aus reinem Eigennutz immer wieder an, im Wirtschaftsleben beschönigend Wettbewerb genannt. In der Tendenz ist eine stetige Zunahme der Angriffe innerhalb der Gemeinschaft zu beobachten; der Umgangston wird langsam aber stetig immer ruppiger. Dieses trifft nicht nur als derzeit anhaltende Entwicklung innerhalb der Gesellschaft allgemein zu. Wer die Entwicklung des Umgangstons innerhalb einer Partnerschaft vom ersten Verliebtsein bis zur Scheidung beobachtet, wird die Bestätigung dieser Behauptung in den weitaus meisten Einzelfällen auch hier finden. (In welchem Stadium befindet sich meine eigene Partnerschaft derzeit und welche Entwicklung wird sie nehmen, wenn wir beide unsere Verhaltensart nicht schleunigst ändern?) Dazu ist aber zu bedenken, zu begreifen und in der Konsequenz die eigene selbstschädigende Verhaltensart endlich einmal zu ändern:

Jeder Angriff soll immer eine Verletzung des Partners bewirken!

Wie aber kann ich ernsthaft eine Verbesserung unser aller Lebensqualität erwarten, wenn alle Mitglieder meines Lebensbereiches immer wieder damit beschäftigt sind, sich gegenseitig mehr oder minder stark zu verletzen, also zu schädigen? Es gilt, diese Selbstverständlichkeit, nicht nur zu wissen, sondern sie endlich einmal vorsätzlich und immer wieder neu im Bewußtsein zu halten; denn sie stellt den am einfachsten zu beobachtenden aber gleichzeitig auch wichtigsten Schlüssel zu einer tiefgreifenden Verhaltensänderung für mich dar:

Wenn ich konsequent auf Angriffe verzichte, ist der wichtigste Schritt zu einer naturgemäßen Verhaltensänderung geschafft, weil aus einer bislang schädigenden Wirkung meines Verhaltens zwangsläufig eine fördernde wird!

Einstellung

Die Wirkung eines Verhaltens ist von der Einstellung zu unterscheiden. Als Einstellung ist die innere Haltung zu verstehen, wie ich mich zum Partner bereits im Moment vor meinem Verhalten stelle. Weil selbstverständlich auch die Einstellung dem Urgesetz des Lebens folgt, stellt sich hier die Frage nach dem wohlwollenden Füreinander oder dem bekämpfenden Gegeneinander. Die Einstellung legt grundsätzlich fest, ob ich für oder gegen etwas oder jemanden handeln will. Ist meine Einstellung zu einem Partner im Kern eine vorab getroffene Entscheidung, ihn fördern zu wollen, kann es nur ein Füreinander geben. Oder ich entschließe mich vorab bereits zu einem Gegeneinander, was zwangsläufig zu einer Schädigung führen muß. Sinngemäß gilt dieses umgekehrt natürlich immer auch für den Partner.

Nach jener Entscheidung, die in den meisten Fällen bereits lange vor der aktuellen Situation unbewußt gefällt wurde (als erläuternde Beispiele seien die Schlagworte Vorurteil, Sympathie und Erfahrung erwähnt), wird das durch handeln zu erreichende Ziel und gleichzeitig auch die damit beabsichtigte Wirkung bereits festgelegt, lange bevor ich den ersten Finger rühre oder die Luft zum ersten Wort hole. Aufgrund meiner Einstellung ergreife ich gewissermaßen eine von nur zwei möglichen Leitschnüren für mein Handeln. Nach dieser grundsätzlichen Entscheidung bleiben mir für die im Detail anzuwendende Verhaltensart nur noch erheblich eingeschränkte Wahlmöglichkeiten.

Wählen kann ich allerdings im Überfluß aus meinen konkreten Handlungsmöglichkeiten. Hier herrscht die einer alles umfassenden Darstellung sich entziehende Vielfältigkeit. Wer daneben die Menschen nachträglich nach ihren Gründen, ihren rechtfertigenden Motiven fragt, stößt nicht selten auf Abgründe. So hat man bei der Suche nach „gutem" oder „richtigem" Verhalten eines normalen Menschen kaum eine Chance, vollständige Antworten zu erhalten. Es können immer nur Stückwerke, meistens als nachträglich aufgeführte Rechtfertigungen, formuliert werden, die sich wie ein Flickenteppich mit großen unausgefüllten Flächen aneinander reihen. Das führt aber zwangsläufig immer wieder zu einem Scheitern in der täglichen Praxis des Lebens. Folglich ist nach einem übergeordneten Ansatz zu suchen. Zu finden ist er in der grundlegenden Einstellung des Füreinanders oder Gegeneinanders. Die Wirkung dieser Einstellungen ist eine Förderung oder Schädigung des Partners. Wer diesen alles übergreifenden Maßstab kennt, kann jedes mögliche Verhalten nach ihm bewerten und ausrichten. Dazu sei hier bereits „verraten": Bisher übliche Formen von Rechtfertigungen und Schuldzuweisungen verlieren danach automatisch ihren Sinn und ihre Wirkung, gerade auch machtpolitisch.

Ich kann alle Einstellungen, die kein Gegeneinander darstellen, als Füreinander klassifizieren und sei die Wirkung des aus dieser Einstellung folgenden Verhaltens noch so gering. Wichtig ist nur, daß es kein eventuell verletzendes Gegeneinander gibt. Wer sich einem Partner neutral abwartend, aber offen zeigt, ist zumindest kein Gegner; denn ein bekämpfendes Gegeneinander findet im ersten Kontakt nicht statt.

Das Beispiel der Begegnung mit der Bärin zeigt klare Hinweise meiner jeweiligen Einstellung auf: Eine an Körperkraft und Schnelligkeit mir weit überlegene Bärin mit todbringendem Gebiß stellt ohne Zweifel eine große Gefahr für meine Lebenserhaltung dar. Indem ich von Beginn an gedanklich die Möglichkeit verwarf, sie zu töten, zeigte ich die Einstellung des ebenbürtigen Rechts auf ihr Leben und das ihrer Jungen. Ich ging ihr aus dem Wege, wählte danach Fluchtmöglichkeiten. Die den Lebenserhalt fördernde Fütterung als weitere mögliche Art des ausgleichenden Verhaltens ist ebenfalls Ausdruck einer auf Ebenbürtigkeit begründeten Einstellung, wie auch noch die der Verteidigung. Hier begann aber schon der Umschlag meiner Einstellung, weil ich die Wehrbereitschaft je nach Gegenreaktion der Bärin mit der (notgedrungenen) Möglichkeit des gezielten Schusses offenbarte. Hätte ich mich aber von Beginn an zu einem Angriff entschlossen, wäre die Wirkung natürlich eine Schädigung des Lebens der Bärin und auch ihrer Jungen, meine Einstellung ein zerstörendes Gegeneinander gewesen. Die Erstarrung als letzte Position der möglichen Verhaltensarten ist als Kampf ohne eigene Waffen zu verstehen; denn ihr liegt immer ein Angriff des anderen Partners zugrunde. Es ist ein Verhalten der absoluten Auslieferung aufgrund Ohnmacht (= ohne Macht, ohne schädigende Waffen!) verbunden mit der Hoffnung, daß der Gegner erkennt, daß ich für ihn keine Gefahr darstelle und er deshalb auf meine Verletzung oder gar Zerstörung verzichtet. Hier wird völlige Unterwerfung, Auslieferung an den Gegner, gezeigt. (Hunde und Wölfe bieten dem übermächtigen Gegner die ungeschützte Kehle dar und können so auf Beendigung des ungleichen Kampfes ohne weitere eigene Verletzung zählen.)

Der Ausgangspunkt zu einem naturgemäß fördernden Verhalten ist meine positive Einstellung zu meinen Partnern! Dazu gehört ohne jede Einschränkung, daß ich den Partner als ebenbürtig, gleichberechtigt, in gleicher Augenhöhe stehend werte, mich entsprechend einstelle und verhalte. Sobald ich die gegenseitige Ebenbürtigkeit aufgebe, ist jede Voraussetzung einer positiven Einstellung zum Partner zerstört! Denn wenn ich einen Partner als unebenbürtig behandle, verletze ich zwangsläufig sofort eines seiner wichtigen Grundbedürfnisse, schädige ihn also. - Personen, die ihre Mitmenschen als nicht ebenbürtig ansehen, ihnen den eigenen Anspruch auf Überlegenheit vielleicht sogar regelrecht aufdrücken, schaffen sich im selben Augenblick Gegner, manchmal sogar Feinde. Das bedeutet aber, daß sich die betroffenen Menschen gegen alle zukünftigen Wünsche und Forderungen des angeblich Überlegenen grundsätzlich zuerst einmal wehren werden, ihm zur Durchsetzung unnötig zusätzliche Energie immer abverlangen werden. Als verdeutlichendes Bild sehe ich auf der einen Seiten den fies auf Durchsetzung jeder Anordnung erpichten Chef und andererseits den seine natürlichen Stärken zur Förderung seiner Partner nutzenden Vorgesetzten vor mir:

Unterdrückende Machtmenschen müssen um alles kämpfen; ebenbürtig fördernde Menschen bekommen ganz einfach! - Das gilt in jeder Partnerschaft, privat wie beruflich.

Wieder einmal wird deutlich, wie wichtig es ist, die ganz persönlichen Stärken zwecks Erfüllung der Hauptaufgabe des menschlichen Lebens zu erkennen, zu fördern und zu nutzen. Das spart auch Energie, Lebenskraft!

Der Mörder jeder Partnerschaft

Wer sich zum Thema Partnerschaft umhört, bekommt immer wieder gleichartige Zustandsbeschreibungen: Die Scheidungsraten steigen; es gibt immer schwieriger und immer weniger echte Freundschaften, der Zusammenhalt in Arbeitsgemeinschaften bricht stetig fortschreitend auseinander oder ist gar bereits zerstört; Gemeinschaftsinn mußte Eigennutz weichen; es ist eine zunehmende Rücksichtslosigkeit unter den Menschen zu verzeichnen ...

Es könnten viele weitere Beispiele angeführt werden, welche klar und deutlich beschreiben, daß und wie Partnerschaften stetig stärker gestört werden. So kommen manche Menschen zu dem Ergebnis, sich eine angeblich bessere Umwelt durch Partnerwechsel zu suchen. Solch ein Wechsel ist, anders als in der Lebenspartnerschaft, im beruflichen und Freizeitbereich normal kaum mit schweren Verletzungen der Partner verbunden. In einer festen Partnerschaft ist dieses meistens aber eine Flucht, die in unserer auf Verbrauch auch von Partnern ausgerichteten Denkweise viel zu leichtfertig angetreten wird, ohne die Folgen zum Beispiel einer Scheidung im vollen Umfang zu kennen und deshalb abschätzen zu können. Vielleicht tragen die Einsichten und Ausführungen der Neurosophie dazu bei, im einen oder anderen Fall vielfältig mögliche schwere und meistens unnötige Verletzungen beider Partner vermeiden zu helfen. Auch deshalb soll hier der wichtigste und am häufigsten übersehene Mörder der meisten Partnerschaften benannt werden. Dabei hilft die Ansicht erfolgreicher Partnerschaften. Denn wer einmal die Berichte betagter Hochzeitsjubilare verfolgt, wird wiederkehrende und in der Tendenz gleichlautende Begründungen für den Erfolg ihrer jahrzehntelangen Ehe lesen:

„Das Wichtigste ist, immer die Würde des Anderen zu wahren! Wir haben auch im Streit immer an der gegenseitigen Achtung festgehalten."
(Dieses Paar verzichtete darauf, sich für einen nur kurzfristig wirkenden Argumentationsvorteil gegenseitig herabzusetzen oder gar zu demütigen. Es zeigte auch im Ärger gegenseitige Wertschätzung/Anerkennung, und damit die Wahrung der Ebenbürtigkeit, blieb auf gleicher Augenhöhe.)

„Wir haben uns nach jedem Streit immer spätestens bis zum Einschlafen vertragen."
(Dieses Paar konnte verzeihen: Es war auch im Ärger bereit und gewillt, gegenseitig ausgleichend nachzugeben, gegenseitiges Verstehen und Ebenbürtigkeit zu praktizieren.)

„Es gab bei uns zwar auch immer wieder mal Streit, aber dabei nie ein lautes Wort."
(Dieses Paar konnte sachlich streiten und gegenseitig ausgleichend verhandeln, die Selbstbestimmung in Ebenbürtigkeit, die gegenseitige Achtung, blieb aufgrund des beiderseitigen Bemühens um gegenseitiges Verstehen stets gewahrt.)

Es könnten noch einige ähnliche Formulierungen angeführt werden. Sie lassen aber auf ein ihnen allen gemeinsame Verhaltensart schließen: Der jahrzehntelange Erfolg dieser Partnerschaften wurde möglich, weil sie konsequent gegenseitige Wertschätzung bei ausgleichendem Verhalten pflegten. Sie achteten also darauf, sich gegenseitig möglichst zu fördern, unterließen es, sich gegenseitig vorsätzlich zu verletzen. All dieses ist nur möglich, solange die Ebenbürtigkeit gewahrt bleibt, welche bei jedem Angriff von Natur aus aufgehoben wird. Das bedeutet, daß Partnerschaften in der gegenseitigen Einstellung unbedingt ein beiderseitiges Festhalten am Füreinander brauchen! Daraus folgt kurz und bündig:

Der Mörder jeder Partnerschaft ist der Angriff
aufgrund eines Wechsels der Einstellung vom Füreinander zum Gegeneinander.

Denn jeder Angriff soll immer eine Schädigung und somit Verletzung des Partners bewirken! Wie aber kann ich ernsthaft einen Ausgleich meiner Bedürfnisse, Ebenbürtigkeit und gar eine Verbesserung meiner Partnerschaft erwarten, wenn ich meinen Partner mit meinen Angriffen immer wieder mehr oder minder stark verletze? Wenn ich beobachte, wie sich Paare im Streit gegenseitig teilweise wirklich schwer verletzen; denn jeder kennt vom anderen die empfindlichste Stelle und „nutzt" sie, dann kann solch eine Partnerschaft nicht mehr lange halten; denn sie ist zu einer Gegnerschaft geworden. So behandeln sich Paare wie schlimmste Feinde, obwohl sie einander doch eigentlich lieben möchten. Ganz offensichtlich wollen sie Bedürfniserfüllungen erzwingen und handeln deshalb, ohne sich dessen bewußt zu sein, nach dem widersinnigen Motto: „Ich prügele Dich so lange, bis Du mich liebst!"

Wie verletzend gehen teilweise aber auch Vorgesetzte mit ihren Mitarbeitern oder Kollegen miteinander um? Auch hier handelt es sich um Partnerschaften, die nur dann eine gegenseitig bestmögliche Entfaltung erbringen können, wenn sie gefördert und nicht geschädigt werden. Nur gegenseitige Förderung kann der Pflege einer wie auch immer gearteten Partnerschaft dienen.

Aufforderung zum Denken

Wer begriffen hat, wie wir alle zusammen durch unser aller Verhalten unser Leben insgesamt gegen den weit offen dargelegten Willen der Natur uns selber vollkommen unnötig erschweren, wird normalerweise nun eine Änderung herbeiführen wollen. Doch für ein naturgemäßes Denken und Verhaltens muß ich mein Gehirn überhaupt erst einmal einschalten! - Es ist erstaunlich, wie „erfolgreich" wir alle immer und immer wieder vermeiden, überhaupt zu denken! Aber auch dieses hat eine natürliche Ursache:

Denken kostet sehr viel Energie (unser Gehirn verbraucht allein ein Viertel unserer über Nahrung aufgenommenen Energie). Die ohne diesen hohen Aufwand auskommende Reaktion verbraucht nur einen Bruchteil davon. Auch die Natur nutzt das ökonomische Prinzip, mit möglichst geringem Aufwand möglichst viel zu bewirken. Deshalb sind wir alle zunächst einmal „Drückeberger" im Denken, nutzen es gewissermaßen nur im Notfall. Wer jedoch endlich auch einmal darüber nachdenkt, wieviel mehr Energie letztlich dafür aufgebracht werden muß, durch eigenes Fehlverhalten ursächlich selber bewirkte Angriffe und Schädigungen seiner Partner abzuwehren und zu verkraften und mit noch weitaus mehr Aufwand letztlich danach erst vielleicht in gegenseitige Förderung zu wandeln, wird in Erkenntnis dieser selbst verursachten Nöte seine eigene Einstellung zu all seinen Partnern überprüfen und besonders sein eigenes Angriffsverhalten ändern. Automatisch wird sich dadurch auch die Sensibilität für die Beobachtung und Beachtung der Einstellung der Partner und der Art ihres Verhaltens erhöhen. An dieser Stelle beginnt der persönliche Ausbruch aus dem bisherigen Teufelskreis von naturwidriger Einstellung, den Lebensgesetzen zuwider praktiziertem eigenem schädigendem Verhalten mit meiner daraus folgenden Schädigung durch meine Partner. Doch all dieses ist nur möglich, wenn ich beginne, das wirklich Wichtige in meinem Leben endlich einmal im erforderlichen Umfang zu bedenken und entsprechend zu handeln.

Ich fordere auf, endlich zu denken, nämlich das eigene Tun und Lassen nicht mehr fast nur aus der Kindheit stammenden alten Reaktionen ungeprüft zu überlassen, sondern erwachsen reife Aktionen für die Zukunft vorher anhand der gegenseitigen Förderung der Lebenserhaltung und Lebensentfaltung zu messen und zu planen.

Es ist nämlich nicht möglich, von 10 bis 15 % Anteil des Denkens an meinem Verhalten auf 100 % zu kommen. Doch wenn ich den Anteil des bewußt geplanten Lebens erhöhe, kann ich bereits vorab das mir dafür bestmöglich erscheinende Verhalten planen. Dieses werde ich aufgrund meiner intensiven Beschäftigung mit dem zukünftigen eigenen Handeln und meinem dabei stattfindenden bildhaft-plastischen Denken dann auch mit großer Wahrscheinlichkeit in die Praxis meines Lebens umsetzen. Und wenn ich die gegenseitige Förderung ohnehin als das zu Erreichende plane, erhöhe ich diese Wahrscheinlichkeit noch weiter. So gelange ich von meinem bisherigen relativ planlosen reaktiven Treibenlassen, hin zu vorausschauend planvoll von mir selber gestalteten Partnerschaften. Das Leben wirklich selbstbestimmt gestaltend zu planen, ist nur denkend möglich. Damit trete ich aus der derzeitigen Zwangslage, meine ungeprüften Reaktionen immer stärker mit meinem Denken kontrollieren zu wollen. Das kann letztlich nur höchst unvollkommen, also praktisch nicht funktionieren. Planvoll zielgerichtete und bewußt abgewogene Aktionen werden dagegen auch noch von meinem Unterbewußtsein bestmöglich unterstützt, wenn ich meine ausgeprägten Stärken mit meinen ausgeprägten Energiepotentialen verbinde.

Erfolgsaussichten fördernden Verhaltens

Niemand meine, daß aufgrund eines eigenen naturgemäßen Verhaltens nun die sprichwörtliche „heile Welt" ab morgen bereits eingetreten sei! Was sich seit Jahrtausenden im menschlichen Zusammenleben fehlentwickelt hat, kann nicht in wenigen Wochen geheilt werden. Ich kann lediglich mit all meinen Stärken - aber auch Schwächen - versuchen, möglichst oft eine fördernde Einstellung in Ebenbürtigkeit zu leben, um naturgemäßes Verhalten zu zeigen und als nachahmenswertes Vorbild vorzumachen. Wenn ich dabei auf das Vermeiden eigener Angriffe, aber gleichzeitig auch auf Angriffe meiner Partner achte, diese ihnen konsequent vor Augen führe und unverändert konsequent Wege des Ausgleichs zeige und, viel besser, selber beschreite, gibt es eine gewisse Chance, deren Denken, das Nachbedenken über die Wirkungen ihres bisherigen Verhaltens, einzuschalten. Ich kann keinen einzigen Menschen ändern, ändern kann sich jeder nur selber. Aber ich kann die dafür grundlegenden Gedanken an meine Mitmenschen weitergeben und ich kann mit meinem eigenen Verhalten und mit meiner eigenen Einstellung dazu beizutragen, in meinem engen Lebenskreis die Welt etwas „heiler" zu gestalten. - Das ist der gesamte mögliche Erfolg! -

Alle Änderungen im Sinne der neurosophischen Philosophie sind nur mir persönlich und nur absolut gewaltlos möglich. Denn jede Form der Anwendung von Gewalt ist ein Angriff. Dieser widerspricht dem naturgegeben auf Ausgleich ausgerichteten fördernden Verhalten und würde deshalb dem erwünschten Änderungsprozeß nicht nur widersprechen und ihn damit behindern, sondern sogar verhindern. - Ich kann nur mich selber ändern! Aber ich kann meine Gedanken und meine Einstellung in der Hoffnung verbreiten, daß diese gute Saat hier und dort aufgeht. Aber ich muß es tun; denn wenn ich nichts tue, tut sich nichts!

Als junge Mutter, als junger Vater habe ich die große Chance, meinen Kindern naturgemäßes Verhalten vorzuleben und auf diesem Wege beizubringen. Dabei auftretende Fehler werde ich eingestehen und für die Zukunft planend möglichst ausmerzen. Im Umgang mit meinen sonstigen Partnern besteht für mich eine deutliche Einwirkungsmöglichkeit, wenn ich nur allein darauf achte, ob der Partner mich ebenbürtig behandelt und mir meine Selbstbestimmung läßt. Sobald ich konsequent Verstöße gegen meine Selbstbestimmung und gegen die Ebenbürtigkeit klar und deutlich benenne, also zum Beispiel wirklich ausformuliere, daß ich mich gerade herabgesetzt, in anderer Situation gerade bevormundet fühle, ich mit einer Drohung erpreßt werde usw., ernte ich anfangs Erstaunen und manchmal völlig unerwartete Reaktionen. Solch ein auf Ebenbürtigkeit ausgerichteter Umgang ist schließlich auch für den Partner ungewohnt, verunsichert ihn stark. Aber bei beharrlicher Wiederholung meines Protestes in allen folgenden Situationen tritt bei den Partnern zumindest mir gegenüber eine Verhaltensänderung ein. So trage ich vielleicht dazu bei, den Keim zu legen für einen über Generationen ganz langsam, nach und nach währenden Entwicklungsprozeß zu einer sich gegenseitig immer mehr fördernden und immer weniger schädigend bekämpfenden Menschheit. Achten Sie zum Beispiel in Fernsehberichten über Abgeordnete einmal darauf, wie langsam und oft unvollständig von ihnen betriebene Änderungen sich nach deren Erfahrungen tatsächlich verwirklichen lassen, obwohl sie nur einen winzigen Teilbereich bestimmter Interessen berühren, nicht gleich einen die gesamte Gesellschaft betreffenden grundlegenden Umdenkungsprozeß. Wie viele Generationen hat es gebraucht, bis die Sklaverei wenigstens offiziell abgeschafft wurde? Und wie steht es um die Gleichberechtigung nicht nur der Frauen und nicht nur in Deutschland? Eine weite Verbreitung des Füreinanders an die Stelle des Gegeneinanders treten zu lassen, wird aufgrund solcher Erfahrungen ebenfalls wohl viele Generationen benötigen. Doch wenn ich die hohe Zeit der Gewalt im Mittelalter mit dem Heute vergleiche, so kann festgestellt werden, daß die gegenseitige Förderung zumindest im Trend der menschlichen Entwicklung liegt. Vielleicht hat es aber in der Vergangenheit nur daran gefehlt, den strahlenden Kristallisationskern mitmenschlichen Verhaltens, nämlich den Begriff der gegenseitigen Förderung, in all dem Schutt und Schmutz unmenschlicher Verhaltensweisen einmal klar und deutlich zu zeigen und zu benennen, damit er möglichst vielen Menschen überhaupt als Leitstern dienen kann?

Schon oft hörte ich die von Gesprächspartnern vertretene Meinung, daß in Kenntnis der Unmöglichkeit, selber die aus der Neurosophie abgeleiteten einschneidenden Veränderungen überhaupt umfangreich zu bewirken, es doch aussichtslos sei, sich überhaupt in ihrem Sinne zu verhalten. Die Gesellschaft sei doch nun mal so wie sie ist. Wenn ich sie schon nicht ändern könne, müsse ich mich eben gezwungenermaßen genau wie alle anderen ihrer Glieder verhalten, weil ich ansonsten unterzugehen drohe. - Dazu lautet meine Antwort:

Gehe ich denn tatsächlich nicht unter, wenn ich mich aggressiv und schädigend gegenüber meinen Partnern wie sie verhalte? Führt solch eine Einstellung dazu, daß ich meine Lebensentfaltung besser fördern kann, obwohl ich mir durch solch ein naturwidriges Verhalten, immer stärkere Widerstände selber aufbaue? Ist es nicht deutlich wahrscheinlicher, daß ich eine um so größere Chance persönlicher Lebensentfaltung erhalte, je weniger Widerständen und Angriffen ich begegnen muß? Steht mir denn beim Fehlen solcher Widerstände nicht eher unvergleichlich mehr Zeit und Energie zur Verfügung, meine eigene Lebensqualität zu fördern?

Wer das Urgesetz des Lebens begriffen hat, braucht eigentlich nur folgendes zu beachten, um sich optimal zu verhalten, sein Leben optimal naturgemäß zu gestalten:

1. Bedürfniserfüllung ist Antrieb und Ziel jeden lebensfördernden Verhaltens.

2. Die optimale Verhaltensart ist die des Ausgleichs mit der Einstellung des Füreinanders zur gegenseitig ausgewogenen Förderung der Lebensentfaltung.

3. An der Förderung oder Schädigung der Lebensentfaltung kann jedes Verhalten vorher und nachher mit absoluter Gültigkeit bewertet werden. (Die absolute Gültigkeit der Bewertung setzt voraus, daß mir alle Informationen für eine abschließende Bewertung zur Verfügung stehen. Ansonsten kann sie nur auf den derzeitigen Wissens- und Informationsstand bezogen werden.)

Praktische Anwendung erfahren diese Erkenntnisse aber nur dann, wenn ich sie tatsächlich in naturgemäßes Verhalten als Handlung umsetze: Wenn ich nichts tue, tut sich nichts.

In einer auf feindliches Gegeneinander eingestellten Umwelt gibt es in Abwägung aller Möglichkeiten in der täglichen Praxis neben dem Ausgleichsversuch noch die Handlungsmöglichkeit der Verteidigung unter weitestgehender Vermeidung eines Gegenangriffs. Diese Verhaltensart dient sogar in einer guten Partnerschaft einem gutem Zweck, nämlich auch der Sicherung von mich verletzenden und deshalb vom Partner nicht zu überschreitenden Grenzen. Mit der Verhaltensart Verteidigung rücke ich einem Partner meine Grenzen ins Bewußtsein. Ich zeige damit, ab wann ich mich bei Überschreitung bedroht fühlen oder gar verletzt sein würde. Verteidigung dient in diesem Sinne dem Schutz vor möglichen Verletzungen, verletzt selber aber noch nicht.

Ansonsten bleibt mir als den Kampf vermeidende Handlungsalternative nur noch, die Bestimmung eines jeden Lebens bezüglich meiner Partnerwahl (Umwelt) systematisch und gezielt umzusetzen. Ob ich es mag oder nicht: Ich bin in dieser arbeitsteiligen Gesellschaft von meinen direkten und von noch sehr viel mehr unbekannten indirekten Partnern abhängig, um überhaupt überleben und daraufhin mein Leben entfalten zu können (siehe Ernährung, Kleidung, Wohnungsbau, medizinische Hilfe, Energieversorgung, um nur einige wenige grundlegende Beispiele aufzuzählen)! Diese unumstößliche Einsicht ist in der Bestimmung jeden Lebens bereits umfassend formuliert. Im vorliegenden Zusammenhang ergibt sich daraus, mein Augenmerk verstärkt auf die Suche und Auswahl solcher Partner als Teil meiner Umwelt auszurichten, welchen ich mit genau meiner Kombination von Stärken und Schwächen möglichst umfassenden Nutzen in Form meiner Förderung ihrer Lebenserhaltung und Lebensentfaltung bieten kann. Dabei achte ich darauf, nicht nur zu geben, sondern selber auch einen möglichst gleichwertigen Nutzen an Lebenserhaltung und Lebensentfaltung zu empfangen, ohne mich an von mir unveränderbaren Grenzen aufzureiben. An solchen Stellen zeige ich Gelassenheit, nach eingehender Prüfung, ob diese Grenzen tatsächlich unveränderbar sind, oder ob ich bislang nur noch nicht den richtigen Weg gefunden hatte: Ich lasse bestehen, was ist und wie es ist.

Das Arbeitsbuch der Neurosophie zeigt mir die Systematik, mit der ich meine Aufgaben und Ziele lösen und erreichen kann. Es dient aber auch dazu, mir zuerst einmal den derzeitigen Zustand meiner Grundbedürfnisse, meines Verhaltens und meiner Einstellung zu ermitteln, aber auch den meiner Partner.

Autor: Klaus Michael

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